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Gesetzesentwurf zur “Dritten Option”

Intersexuelle Menschen e.V. und Bundesvereinigung Trans* e.V. kritisieren Gesetzentwurf zur „Dritten Option“:  Problematische Minimallösung schafft neue Diskriminierungen

Nach dem Bundesverfassungsgerichtsbeschluss zum dritten Geschlechtseintrag von Oktober 2017, haben Fachverbände nun den Gesetzentwurf des Bundesministerium des Innern zur Kommentierung erhalten. Beim gemeinsamen Pressegespräch von der Bundesvereinigung Trans* und dem Bundesverband Intersexuelle Menschen e.V. erklärt Lucie Veith, Mandatsträger_in im Verein Intersexuelle Menschen e.V. für Bund und Länder:

“In einer durch unseren Bundesverband durchgeführten Studie bewertet eine Mehrzahl der befragten intergeschlechtlichen Menschen die Benennungen ‚inter‘, ‚divers‘ und ‚inter/divers‘ als positiv. Aus der Befragung geht des Weiteren hervor, dass die Bewertung der Geschlechtlichkeit durch ein ärztliches Gutachten abgelehnt wird. Dem Selbstbestimmungsrecht im Sinne einer selbst empfundenen Identität und Selbstbeschreibung muss Raum gegeben werden. Wir erwarten von den gesetzlichen Regelungen, dass von ihnen nicht wieder neue Diskriminierungen ausgehen. Eine Minimallösung, etwa nur die Umsetzung einer ‚positiven Benennung‘ ohne die daraus notwendig werdenden Regelungen im Namens-, Familien- und Abstammungsrechts und ohne positive ‚vorübergehende Maßnahmen‘ kann nicht im Interesse aller Menschen sein. Unsere prioritäre Forderung ist, dass geschlechtszuweisende und anpassende Operationen an minderjährigen intergeschlechtlichen Menschen ohne deren ausdrückliche Einwilligung nicht mehr durchgeführt werden.“

Jonas Hamm, BVT*-Sprecher für Rechtsfragen, ergänzt:

„Wir sind enttäuscht, dass die Bundesregierung darauf setzt, Menschenrechte scheibchenweise einzuräumen und versucht eine problematische Minimallösung umzusetzen. Während das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss auf den Schutz der geschlechtlichen Identität abzielt, verwechselt die Bundesregierung Identität mit Körper und möchte die Anerkennung der Geschlechtsidentität an eine medizinische Diagnose knüpfen. Diese Handhabung steht entgegen der schon bestehenden gesetzlichen Lage, da das deutsche Rechtssystem schon seit dem Transsexuellengesetz von 1980 anerkennt, dass geschlechtliche Identität unabhängig von der körperlichen Verfasstheit sein kann. Hinter diesen Standard dürfen wir nicht zurück fallen. Wir fordern eine inklusive Umsetzung des Beschlusses, der sich nicht nur auf inter* Personen beschränkt, sondern auch trans* Personen offen steht – ohne medizinische Diagnose als Voraussetzung. Es gibt dazu bereits einen exzellenten Gesetzentwurf, der 2017 vom Deutschen Institut für Menschenrechte im Auftrag der Bundesregierung ausgearbeitet wurde und nun vergessen scheint. Wir fordern, dass dieser wieder auf den Verhandlungstisch kommt.“